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Vor etwa zwei Jahren, als die Scandio noch ein gutes Stück kleiner war und es kein Corona gab, rückte das Thema selbstorganisierte Teams immer weiter in den Fokus. Um diese neue Form der Zusammenarbeit im Kreis aller Mitarbeiter zu diskutieren und gegebenenfalls weiterführende Maßnahmen daraus zu ziehen, wurde das erste Open Space Event in der Scandio veranstaltet. In klassischer Open Space Manier wurden Themen gesammelt, Teams gebildet und in allen Räumen des Büros eifrig diskutiert. Die Ergebnisse aller Themenrunden wurden anschließend auf kreativ gestalteten Plakaten den anderen Mitarbeitern präsentiert. Letztendlich hat uns das Open-Space-Format dabei geholfen, eine umfangreiche Thematik in kleinere Themengebiete aufzuspalten und so zu diversen Action Points zu gelangen, die sich in der Praxis umsetzen lassen.

In den letzten Jahre konnten wir wieder eine Menge wundervolle Neuzugänge verzeichnen - die Scandio ist kontinuierlich gewachsen. Dieses Wachstum bringt natürlich neue Herausforderungen in den Teams und in der Organisation des Unternehmens mit sich. Ein neues Open Space Event musste her! Allerdings in einem neuen Format - durch Corona und die mittlerweile 3 Standorte in München, Augsburg und Berlin konnte das Ganze dieses Mal nur remote stattfinden.

Für uns in der agilen Community of Practice (oder agile CoP, wie wir uns kurz nennen) war das eine willkommene Herausforderung. Wie plant man ein Open Space Event mit 88 Mitarbeitern, das rein virtuell abläuft und bei dem sich trotz der nötigen Struktur alle frei austauschen können? Unser Ziel war es, das zu garantieren, ohne das Event wie einen trockenen Zoom-Marathon wirken zu lassen.


Was ist ein Open Space?

Ein Open Space ist ein freies Format zur Ideenfindung und Diskussion, das durch einen zeitlichen Rahmen begrenzt ist. Es wird ein Rahmenthema vorgelegt, zu dem sich verschiedene kleinere Themengruppen bilden. Die Themenvorschläge selbst werden direkt von den Teilnehmern eingebracht. Ein Verantwortlicher pro Gruppe ist normalerweise für die Moderation und Ergebnissicherung zuständig. Ein Open Space ist grundsätzlich ergebnisoffen - es kann und darf alles passieren.

Open Space hat 4 Prinzipien und 1 Gesetz (das Gesetz der zwei Füße):

Die 4 Prinzipien

  1. Wer auch immer kommt, sind die richtigen Leute.
  2. Was auch geschehen mag – es ist das Einzige, was geschehen kann.
  3. Wann immer es beginnt, es ist die richtige Zeit.
  4. Vorbei ist vorbei.

Das Gesetz der zwei Füße

  • Kann ich etwas lernen?
  • Kann ich etwas beitragen?

Wenn ich weder das eine noch das andere mit „ja“ beantworten kann, dann verlasse ich die Gruppe und suche mir ein passenderes Thema.

Soweit ist alles klar - aber wie kann man einen Open Space mit hohen Anspruch an die Interaktion zwischen den Teilnehmern jetzt virtuell umsetzen?

Welche Tools haben wir benutzt?

Beginnen wir mit den Tools. Wir haben uns dazu entschieden, möglichst wenig unterschiedliche Tools zu benutzen, um die Teilnehmer nicht zu verwirren. Nichts ist anstrengender, als ständig zwischen verschiedenen Plattformen und Werkzeugen hin und herspringen zu müssen. Deswegen haben wir folgenden “Kommunikations-Stack” festgelegt:

Confluence

Atlassian Confluence war unser Herzstück während des Events. Wir haben es für die Planung unserer ToDos vor dem Event, die Agenda, die Abstimmungen und die Dokumentation benutzt.

Slack

Wir haben einen speziellen Slack-Channel für das virtuelle Open Space Event eingerichtet. Das war sehr praktisch, da so alle Fragen und Diskussionen, die während dem Event aufkamen, an einem Ort gesammelt werden konnten. Auch Ankündigungen, wie zum Beispiel kurzfristige Änderungen in der Agenda, konnten so problemlos kommuniziert werden. Für die Kommunikation zwischen den Moderatoren gab es nochmal einen gesonderten Slack-Channel.

Zoom

Bis zu 100 Teilnehmer in einem Call, die Möglichkeit, einen Call in verschiedene Breakout-Sessions zu teilen und Screensharing, während man trotzdem noch die Gesichter der Teilnehmer sieht - Zoom war für uns das ideale Tool, um die direkte Kommunikation zu ersetzen.

Miro

In der Sammlung fehlt natürlich noch ein Whiteboard, um die verschiedenen Diskussionsrunden zu visualisieren und die Ergebnisse festzuhalten. Wir haben uns für Miro entschieden, da hier unbegrenzt viele anonyme Benutzer auf ein Board zugreifen können.


Die verschiedenen Phasen

Unser Open Space sollte an EINEM Tag stattfinden. Durch den virtuellen Charakter des Events und die zeitliche Begrenzung wurde der Open Space in verschiedene Teilbereiche untergliedert. Einige Punkte, wie beispielsweise die Themensammlung, konnten vom eigentlichen Event ausgelagert und bereits im Vorfeld angegangen werden. Dadurch wurde der straffe Zeitplan des Event-Tags selbst entlastet und die Organisation etwas erleichtert.

Vor dem Event

Die Basis für das Open Space Event bilden natürlich die Themen, die diskutiert werden sollen. Hierfür braucht es eine Themensammlung. Da wir diese aus Zeitgründen nicht direkt im Event unterbringen konnten, wurde drei Wochen vor dem Open Space eine Tabelle auf einer Confluence-Seite erstellt. Alle Mitarbeiter konnten hier Themenvorschläge einbringen, die durch ein übergeordnetes Thema eingegrenzt waren und positiv formuliert werden sollten. Außerdem musste für jedes Thema mindestens ein Verantwortlicher gefunden werden, der während der gesamten Diskussion im entsprechenden Zoom Call bleibt. Insgesamt hatten alle etwas über eine Woche Zeit, die Themen zu sammeln, die diskutiert werden sollten, danach wurde der Zugriff der Confluence-Seite auf read-only gesetzt und nur die Organisatoren konnten weiter editieren.

Themensammlung Virtual Open Space

Nachdem die Themensammlung noch relativ ungeordnet war, gab es eine Phase des Zusammenfassens, für die wir drei Tage angesetzt hatten. In einem Meeting innerhalb der Organisatorengruppe wurden die einzelnen Themen besprochen und mögliche Zusammenfassungen diskutiert. Anschließend sind wir auf die einzelnen Verantwortlichen der Themen zugegangen und haben mit ihnen besprochen, ob und wie Änderungen und Zusammenfassungen für das jeweilige Thema möglich sind. Dieser ganze Prozess wurde transparent für alle Mitarbeiter auf der Confluence-Seite der Themensammlung dokumentiert.
Die Themen waren geklärt - jetzt ging es um die Priorisierung. Da wir nur eine bestimmte Anzahl an Moderatoren zur Verfügung hatten, war auch die Anzahl der Themen, die diskutiert werden konnten, begrenzt. Deswegen brauchten wir eine Abstimmung - ganz im Sinne der “möglichst-wenig-Tools”-Policy haben wir das in Confluence mit dem Polls-Plugin getan. Die Mitarbeiter hatten wieder etwa eine Woche Zeit, für die Themen abzustimmen, die sie diskutieren wollten. Die 16 Themen mit den meisten Stimmen haben es dann in den Virtual Open Space geschafft.

Die verschiedenen Phasen der Themensammlung wurden via internen Blogposts und Erinnerungen im Scandio-Slack kommuniziert.

Der Tag des Events

Für den großen Tag wurde eine Agenda auf einer Confluence-Seite erstellt. Hier waren alle wichtigen Links zu den verschiedenen Zoom-Calls und Miro-Boards zusammengefasst, so dass sich alle Teilnehmer schnell orientieren konnten. Auch spontane Anpassungen an der Agenda, zum Beispiel Änderungen im zeitlichen Ablauf, waren so problemlos möglich.

Wichtiger Bestandteil des Events und somit überall auf der Agenda verlinkt war unsere Feedback-Wall, die wir in Miro erstellt hatten. Während und nach dem Event wurden die Teilnehmer immer wieder ermuntert, diese zu nutzen. Bei Kleinigkeiten konnten wir so das Feedback auch direkt umsetzen.

Feedback Wall Open Space
Unsere Feedback Wall wurde fleißig genutzt

Unser virtuelles Open Space Event hatte dann folgenden Ablauf:

Welcome

Los ging das Ganze in unserem “Haupt-Zoom-Raum”. Hier wurden ein paar einleitende Worte gesagt und Informationen zum restlichen Tagesablauf gegeben. Auch die Agenda und Pausenzeiten wurden hier kommuniziert. Eine der wichtigsten Regeln war, dass die Kamera während dem Event bei jedem an sein sollte - Diskussionen machen einfach mehr Spaß, wenn man sein Gegenüber auch sieht.

Themen vorstellen und Aufteilung in Teams

Als Nächstes wurden die im Vorfeld gesammelten Themen einzeln vorgestellt. Dadurch hatte jeder Teilnehmer noch einmal einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten zur Diskussion. Bevor sich die Teilnehmer auf die einzelnen Gruppen verteilten, wurde eine kleine Einführung in Miro und seine Funktionsweisen gegeben. Direkt vor der ersten Diskussionsrunde gab es natürlich noch einmal eine kurze Pause zum Durchatmen.

Diskussionsrunden

Wir haben die Themen in zwei Diskussions-Slots aufgeteilt - jeweils acht Themen konnten gleichzeitig diskutiert werden. Das Gesetz der zwei Füße ist sehr wichtig im Open Space und durch die Verlinkung der verschiedenen Themen auf der Agenda konnte jeder schnell den Raum wechseln und an einer anderen Diskussionsrunde teilnehmen.

Für jedes Thema gab es einen eigenen Moderator, einen eigenen Zoom-Raum und ein eigenes Miro-Board. Der Moderator hat in einer Art “Lean Coffee”-Format durch die Diskussion geführt, es wurden Gedanken auf Post-Its gesammelt, Themen wurden geclustert, priorisiert und diskutiert. Wenn eine Gruppe zu groß war, konnte sie mit Zoom Breakout Sessions in zwei kleinere Gruppen geteilt werden, welche dann getrennt voneinander weiter diskutieren konnten. Die Ergebnisse wurden abschließend aber wieder zusammen besprochen.

Miro Stuhlkreis Open Space
So sah ein typisches Miroboard während der Diskussion aus

Es war unglaublich spannend zu sehen, in welche Richtungen sich die Diskussionen entwickeln. Ein Open Space kann voller Überraschungen sein und jedes Thema ist anders, trotzdem wurden mindestens die letzten 20 Minuten einer Diskussionsrunde dafür verwendet, das Ergebnis zu visualisieren. Auch wenn es nicht immer richtige “Action Points” gab, so wurden zumindest Ideen festgehalten.
Zwischen den beiden Zeitslots für die Diskussionen lag günstigerweise die Mittagspause. Das ist auch wirklich zu empfehlen, da so alle ein wenig Luft holen können, bevor es in die nächste Runde geht.

Ergebnisse aus den Diskussionsrunden allen Teilnehmern vorstellen

Nach Abschluss des zweiten Themenblocks wurden die Ergebnisse jeder Diskussion allen anderen Mitarbeitern vorgestellt. Um das Chaos beim Bildschirmteilen so gering wie möglich zu halten, wurde das jeweilige Miroboard von einem der Moderatoren geöffnet und der Bildschirm geteilt. Erklärt wurden die verschiedenen Ergebnisse aber von einem Teilnehmer aus der Diskussionsgruppe, welcher zuvor innerhalb der Gruppe bestimmt wurde. Nach den Präsentationen hatten alle Teilnehmer noch einmal zehn Minuten Zeit, sich selbst einen Überblick über die verschiedenen Ergebnisse zu schaffen, bevor es dann in die Abstimmung zur Nachverfolgung ging.

Nachverfolgung

Bei 16 verschiedenen Themen können natürlich nicht alle ausführlich für die Nachverfolgung besprochen werden. Deswegen haben wir wieder auf unser Confluence Polls-Plugin zurückgegriffen und eine schnelle Abstimmung zur Nachverfolgung gestartet. Zur Auswahl standen die 16 zuvor besprochenen Themen und jeder Teilnehmer hatte zehn Minuten Zeit, dem Thema seine Stimme zu geben, das er für am wichtigsten erachtete.

Nachdem dadurch die Priorisierung der Themen festgelegt wurde, ging es an die Planung der Nachverfolgung. Die ersten fünf Themen wurden nun genauer betrachtet, es wurden die nächsten Schritte in der gesamten Gruppe diskutiert und Arbeitsgruppen gebildet, die sich in den nächsten Wochen um das Thema und die Umsetzung dieser Schritte kümmern würden.

Dokumentiert wurde alles wieder auf einer Confluence-Seite, die für alle Mitarbeiter sichtbar ist.

Closing

Jedes Event braucht einen guten Abschluss. Für das virtuelle Open Space Event haben wir uns dazu entschieden, eine kurze Stimmungsabfrage in Miro durchzuführen - und damit auch gleich die Grenzen von Miro zu testen. Wie viele Benutzer können gleichzeitig auf einem Board Emojis hin- und herschieben?

Miro Moodboard
Nach dem Event durften alle Feedback gegeben

Nachverfolgung und Dokumentation

Das Ende des Events bedeutet aber natürlich noch nicht das Ende des Austauschs. Es wurden jede Menge Themen diskutiert und Ideen gesammelt, die dokumentiert werden müssen. Hierzu haben wir einen Bereich in unserem Confluence angelegt, in dem alle Diskussionsergebnisse (und der eine oder andere Schnappschuss während der Diskussion) als Screenshots gespeichert wurden. Hier sind auch die Bereiche für die Arbeitsgruppen angelegt, die die verschiedenen Themen nachverfolgen.


Fazit

Die Organisation unseres ersten virtuellen Open Space war eine echte Herausforderung - hat aber auch sehr viel Spaß gemacht. Der Spagat zwischen der Freiheit eines Open Space Events und der Notwendigkeit von Struktur und Organisation, die eine virtuelle Diskussion nun einmal benötigt, war sehr spannend. Durch unsere sehr engagierten Teilnehmer, die vorausgehende Organisation innerhalb der CoP und die Hilfe der wunderbaren Tools hat aber alles geklappt, wie es sollte. Die Vielzahl der Möglichkeiten hat die Entscheidung für ein Thema allerdings erschwert, weshalb wir uns beim nächsten Open Space auf weniger Themen fokussieren und dafür mehr Moderatoren bereithalten würden, um die Diskussionsrunden notfalls in kleinere Gruppen aufteilen zu können.

Wir haben viel aus der Organisation dieses umfangreichen Events gelernt und arbeiten daran, unsere Kenntnisse weiter auszubauen. Da diese Art der virtuellen Veranstaltungen in Zukunft weiterhin unseren Alltag begleiten wird, möchten wir gerne anderen Unternehmen bei der Vorbereitung und Durchführung solcher Open Space Events zur Seite stehen.

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