Woran denkst du, wenn du das Wort Kanban hörst?

Vielleicht hast du während deines Studiums vom Ursprung der Methodik gelernt und du denkst nun an Toyota und Produktion?

Oder aber du bist in deinem Arbeitsalltag bereits damit in Berührung gekommen, oder hast von anderen Teams gehört und denkst nun an das Board mit den vielen Tickets?

Das alles ist richtig. Die Kanban-Methode hatte ihren Ursprung in der Produktion und wird heute sehr oft im Bereich der Software-Entwicklung eingesetzt.

Beginnen wir mal von Anfang an, was ist Kanban überhaupt und wie ist es entstanden?

Der Erfinder des Toyota-Produktionssystems, Taiichi Ohno, hat 1947 Kanban entwickelt und es handelt sich dabei um eine Umsetzung des als Pull-Prinzip bekannten Steuerungsverfahren in der Produktion.

Inspiriert wurde er dabei durch den Ablauf beim Befüllen der Regale in Supermärkten. Denn im Supermarkt werden gerade so viele Produkte gelagert, um die Nachfrage der Konsumenten zu befriedigen. Die Lagerbestände stimmen mit den Verbrauchergewohnheiten der Kunden überein. Dadurch wird vermieden, dass überschüssige Ware gelagert wird und Platz für benötigte Ware belegt wird. Es ist simpel und führt zu großer Effizienz bei der Lagerverwaltung.

Diesen Prozess hat Taiichi Ohno also nun in die Toyota-Produktion übernommen. Der Zyklus beginnt mit der Anlieferung der benötigten Materialien inklusive Kanban-Karte an die verbrauchende Stelle. Sobald die Materialien aufgebraucht wurden, wird die Kanban-Karte an die zuständige liefernde Stelle zurückgeführt. Hier beginnt die Produktion bzw. Beschaffung der benötigten Materialien in der angegebenen Menge und sobald dies erreicht wurde, werden die Materialien wieder inklusive Kanban-Karte an die verbrauchende Stelle gesendet. Damit wurde ein sich selbst steuernder Regelkreis ohne zentrale Planungsinstanz geschaffen.

Die bei diesem System genutzte Technologie hat sich natürlich in den letzten Jahre weiterentwickelt, aber dennoch bildet es den Kern der sogenannten Just-in-Time-Fertigung.

Wie wird Kanban heute in der Software-Entwicklung angewandt?

Prinzipiell ist die Kanban-Methode in jeder Branche einsetzbar aufgrund seiner zeitlosen Kernprinzipien, die nachfolgend im Detail erläutert werden. Im Bereich der Software-Entwicklung hat die agile Methode jedoch besondere Erfolge erzielt, denn hier sind keine Aufwände zur Umsetzung, wie beispielsweise die Veränderung physischer Prozesse, notwendig. Es wird lediglich ein Board mit Karten benötigt, welches durchaus virtuell abgebildet werden kann.

Übrigens, das Wort Kanban kommt aus dem Japanischen und heißt wörtlich übersetzt visuelles Signal.

Nicht ohne Grund ist Kanban neben Scrum eine der am weitesten verbreiteten agilen Management-Methoden. Damit die agile Methode aber auch richtig funktioniert, gehört doch etwas mehr als nur ein Board und Karten dazu.

Das Kanban-Board steht natürlich im Mittelpunkt. Es ist dafür da, die Aufgaben zu visualisieren und den Workflow des Teams zu optimieren. Ein einfaches Kanban-Board besteht aus den drei Schritten To-Do, in Progress, Done. Je nach Größe, Struktur und Ziele eines Teams kann der Workflow entsprechend erweitert oder angepasst werden. Die Kanban-Karten bilden die zu erledigenden Aufgaben ab und deren Fortschritt wird transparent am Board abgebildet. Die Kanban-Karten liefern Informationen zu der Art der Aufgabe, wer ist verantwortlich für die Aufgabe, wie lange dauert diese schätzungsweise etc.

Doch was macht Kanban nun zu einem erfolgreichen Framework der agilen Arbeitsweise?

Dafür schauen wir uns nun die Prinzipien und Praktiken von Kanban an. Wenn diese neben dem Kanban-Board und seinen Karten verstanden und richtig eingesetzt werden, wirst du schnell eine deutliche Verbesserung deiner Projekte hinsichtlich Schnelligkeit, Klarheit im Prozess und Zufriedenheit wahrnehmen.

Folgende Prinzipien solltest du unbedingt beachten:

  1. Beginne mit dem, was du jetzt tust
    Es geht nicht darum, alle deine Prozesse über den Haufen zu werfen und von "Null" zu starten. Ganz im Gegenteil. Mach genau dort weiter, wo du dich gerade befindest. Existierender Wert wird erkannt und Probleme, die Prozesse und Outcome behindern, werden adressiert.
  2. Verfolge inkrementelle, evolutionäre Änderungen
    Kanban erkennt, dass große Veränderungen schwer einzuführen sind und oft auf Gegenwind stoßen. Deshalb streben wir mit der Methode inkrementelle und evolutionäre Veränderungen an.
  3. Berücksichtige aktuelle Prozesse, Rollen und Verantwortlichkeiten
    Auch dieses Prinzip zeigt, dass Kanban nicht die grundlegenden Rahmenbedingungen einer Organisation von heute auf morgen verändert. Aktuelle Prozesse, Rollen und Verantwortlichkeiten werden respektiert und Verbesserungen werden in kleinen Schritten herbeigeführt.
  4. Ermutige zu Führungsverantwortung auf allen Ebenen
    Kanban erkennt die Stärke der Zusammenarbeit, erlaubt es aber gleichzeitig jedem zu handeln und die Führung einer Problemstellung zu übernehmen und dies zu adressieren.

Nachdem wir verstanden haben, welche Prinzipien hinter Kanban stecken, schauen wir uns nun die sechs Praktiken an, die uns dabei helfen, große Erfolge mit der Kanban-Methode zu erzielen.

  1. Mache die Arbeit sichtbar
    Um die Arbeit, den Workflow und Risiken zu visualisieren, dient das Kanban-Board. Die Arbeit wird durch die Karten am Board dargestellt, der Workflow wird durch die Spalten von links nach rechts beschrieben und die Risiken sind oft im Detail der Karten zu erkennen, aber oftmals auch visuell, wie beispielsweise durch zu viele Tickets in der Doing-Spalte.
  2. Limitiere den Work-in-progress (WIP)
    Die Begrenzung des WIP führt dazu, dass nie zu viel und nie zu wenig Arbeit vorhanden sind, sodass genau die richtige Anzahl an Karten von den vorhanden Ressourcen bearbeitet werden kann. Erreicht wird das durch das Pull-Prinzip, bei dem neue Arbeit nur dann gezogen wird, wenn ausreichend Kapazitäten vorhanden sind. Damit dies funktioniert, muss das WIP-Limit gesetzt und angepasst werden.
  3. Manage Flow
    Flow meint die Bewegung der Arbeit durch den Workflow von links nach rechts. Der Projektmanager ist dafür verantwortlich, einen schnellen Durchfluss zu gewährleisten und gleichzeitig Blockaden und Risiken im Auge zu behalten. Je besser der Flow, desto effizienter arbeitet das Team.
  4. Mache Prozessregeln explizit
    Damit alle in dieselbe Richtung blicken und Diskussionen rational und objektiv geführt werden können, braucht es Richtlinien. Diese müssen dokumentiert und mit allen geteilt werden.
  5. Führe Feedback-Mechanismen ein
    Feedback und kontinuierliche Verbesserung sind ausschlaggebend bei Kanban wie auch bei allen anderen agilen Frameworks. In der Kanban-Methode eignen sich dafür die Meeting-Kadenzen, die ihr für euch angesetzt habt. Das einzig obligatorische Meeting ist das Daily Kanban. Hier geht es darum, täglich einen Blick auf den Flow zu werfen und Blockaden und Hindernisse zu erkennen und aus dem Weg zu räumen. Weitere Meetings, wie beispielsweise Refinement, Retrospective, Planning, oder Review werden bei Bedarf geplant.
  6. Gemeinsam verbessern, experimentell weiterentwickeln
    Bei Kanban gehen Zusammenarbeit und Experimente Hand in Hand, solange es Klarheit und Konsens darüber gibt, wie an Arbeit und Probleme herangegangen werden soll.

Also, starte genau da wo du gerade bist, achte auf die Prinzipien, wende die Praktiken an und erzähle mir von deinen Erfolgen!

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